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Diese Drogen haben schon viele betrogen

Ein Erfahrungsbericht, angeregt von der Straßenzeitung „Straßenfeger“

Alkohol und Cannabis sind beides Drogen, die im medizinischen Sinne, das Gehirn und das Handeln eines Menschen beeinflussen. Beides kann euphorisierend, enthemmend und anregend wirken, gleichzeitig müde machen und Depressionen sowie Psychosen auslösen. Die Wirkung auf Körper und Psyche ist so individuell wie der Mensch selbst. Die Dosis macht den Unterschied. Der regelmäßige Gebrauch ist in jedem Fall mit gesundheitlichen Risiken verbunden. Beim Konsum von Cannabis sind es psychische Folgeerkrankungen, bei Alkohol kommen körperliche dazu.

Ich habe 17 Jahre gekifft und habe mich dann mittels Bier von der Droge weggeholt. Die Schäden vom Cannabis sind, laut den Ärzten, das ich unter einer paranoiden Psychose aus dem Schizophrenen Formenkreis leide. Nachdem ich allerdings zwei Jahre täglich sechs halbe Bier am Tag getrunken habe kam eine Nervenschädigung in den Beinen dazu. Diese Schädigung habe ich mit Hilfe des Laufbandes im Fitnesscenter so gut wie weg gekriegt und die Sucht habe ich auch im Griff.

Diese Drogen haben schon viele betrogen. So fasste Nina Haagen einst nicht zuletzt ihre eigenen Erfahrungen mit Suchtmitteln zusammen. Einem Sozialarbeiter, der im Straßenfeger berichtet, fällt der Satz oft im Arbeitsalltag ein, er ist in der Suchthilfe tätig. Er stolpert über oft die Informationsdefizite bei seinem Gegenüber. Süchte mit ihren Ursachen und Wirkungen werden unterschätzt und verniedlicht. „Wir haben früher auch gekifft“ oder „Ein, zwei Bier am Tag, können doch nicht schaden !“ So habe ich auch mit 14 mit dem Kiffen und Bier angefangen und am Ende waren es sechs halbe Bier am Tag, was ich im Nachhinein für eine Menge halte !

Das hat auch damit zu tun, das seit einer gefühlten Ewigkeit das toxische Cannabis verboten, aber der Alkohol (auch toxisch) überall und zu jeder Tageszeit frei verfügbar ist. In Berlin haben immerhin 426.000 Menschen ein sogenannten riskanten Alkoholkonsum. Denen stehen 139.000 Cannabiskonsumenten gegenüber. Cannabis bleibt nach dem Alkohol und vor Kokain die am häufigsten konsumierte Droge in Berlin.

Siehe auch: Situationsbericht 2014, Grsg. Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales

Im Hinblick auf die Diskussion um die Öffnung von Verkaufsstellen für Cannabis kommt der Sozialarbeiter nicht umhin, sich mit dem Für und Wider dieser abhängig machenden Drogen zu befassen. Bei seiner Arbeit mit Süchtigen versucht er daher erst einmal herauszufinden, wofür das Suchtmittel steht. Alkohol erfüllt in der Regel vielfältige Funktionen. Dem einen spendet es subjektiv Wärme und ersetzt feste Nahrung. Dem anderen hilft es körperliche Schmerzen zu betäuben und sich selbst und in der Gruppe sicherer zu fühlen. Manchen hebt es gar aus dem Gefühl der Wertlosigkeit heraus. Die eigene Scham über das, was man jetzt im Vergleich zu früher ist, lässt sich mit Alkohol und Cannabis leichter vergessen Für den Einzelnen sind somit wichtige Funktionen mit den Drogen verknüpft. Es macht wenig Sinn, jemandem einfach die Flasche wegzunehmen, wenn nicht gleichzeitig etwas anderes dafür an seine Stelle tritt. Das zu finden und wieder aufzubauen, bedeutet meist, wieder ganz von vorne anzufangen.

Beim Cannabis-Konsumenten stehen manchmal auch diese Motive im Vordergrund, meist sind es aber andere Erfahrungen. Zuerst entsteht der Eindruck, es ist alles „easy“. Es geht vor allem ums Abschalten oder Chillen und sich für eine eher sinnliche Erfahrung der Entspannung und des Vergnügens mit anderen oder alleine zu öffnen. Wenn daraus eine Gewohnheit wird, dann vernachlässigt der Süchtige allerdings genauso wie beim Alkohol alles andere im Leben: Familie, Freunde, Arbeit, Beruf und vielleicht sogar die eigenen Interessen oder die Bude. Eine Abwärtsspirale. Im Unterschied zu Alkohol sind die Konsumenten von Cannabis allerdings viel jünger. Hierbei beachten die Jugendlichen nicht das ihr Gehirn noch im Wachstum ist. Ich habe mit 14 Jahren angefangen und mir fällt auf, dass ich mir Sachen ziemlich schlecht merken kann.

Außerdem wurde im Leben noch nicht viel erreicht, weder schulisch, noch beruflich, ganz zu schweigen von der eigenen Persönlichkeitsentwicklung. Deshalb warnen auch viele Suchtexperten vor dem frühen Konsum von Cannabis. Gerade bei jungen heranwachsenden Menschen sind die psychischen und kognitiven Folgeerscheinungen erheblich. Junge Cannabis abhängige gelten deshalb im Vergleich zu Alkoholabhängigen als weniger gebildet, sind dafür aber weniger in ihrer körperlichen Gesundheit beeinträchtigt, siehe den Situationsbericht 2014. Alkoholiker sind spätestens nach zehn Jahren riskanten Konsums nicht nur psychisch, sondern auch körperlich chronisch krank.

Die Suchtprävention ist hier im Besonderen gefordert. Dass dies, zum Beispiel in den Schulen und Jugendtreffs, nicht in dem nötigen Umfang geschieht, liegt allerdings nicht an deren Konzepten und mangelnden Ideen, sondern eher an einer statischen Kultur, die das eine kriminalisiert und das andere toleriert.



Marcus Petersen-Clausen
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